Peter Hakenjos

Sie gingen einen langen Weg

Quelle: http://www.peterhakenjos.de/

 

Aram arbeitet unfreiwillig in einer deutschen Munitionsfabrik. Der zweite Weltkrieg geht langsam dem Ende entgegen und trotzdem kann keiner der Zwangsarbeiter sicher sein, den nächsten Tag zu erleben. Gewalt ist an der Tagesordnung und nur wenigen Menschen kann Aram trauen. Nach einem großen persönlichen Verlust und einem Verrat flieht er und bekommt Hilfe von unerwarteter Seite.

Leni lebt zur gleichen Zeit in Ostpreußen und muss Hals über Kopf flüchten. Ein großer Teil ihrer Familie stirbt, aber sie überlebt und schafft es bis nach Berlin. Das Leid, das sie unterwegs ertragen muss, bringt sie jedoch weit an ihre Grenzen.

In Karlsruhe treffen die beiden schließlich aufeinander, erfahren einiges an positiver Zuwendung, müssen aber feststellen, dass von einem wirklichen Frieden und Sicherheit noch lange nicht gesprochen werden kann.

 

Dieses Buch ist dramatisch, weil diese Geschichte sich so oder ähnlich wahrscheinlich auch in der Realität abgespielt hat. Es ist noch gar nicht lange her, dass Teile unserer Vorfahren auf der Flucht waren, vor welchen Landsmännern auch immer. Gerade dies wird hier sehr deutlich gemacht: Kein Volk ist pauschal schlecht, nur weil es einer bestimmten Nation angehört. Es gibt brutale und mordende Deutsche, russische Vergewaltiger und brutale Franzosen. Auf der anderen Seite finden sich in diesem Buch und (fanden sich sicherlich auch in den damaligen Zeiten) hilfreiche und mutige Menschen aller Länder, die sich gegen das herrschenden Regime stellten oder in kleinem Rahmen halfen.

Auch Leni als Protagonistin muss feststellen, dass bei weitem nicht alle Russen abgrundtief böse sind, obwohl einige ihr bitteres Leid angetan haben. Diese Aussage finde ich sehr deutlich in diesem Werk: Wichtig ist nicht die Herkunft eines Menschen, sondern sein Handeln. Für mich ein sehr positiver Aspekt, zeitlos und richtig.

Natürlich werden auch die Kriegsgräuel thematisiert und natürlich sind diese nicht schön. Trotzdem hat der Autor es gut verstanden, die Brutalitäten deutlich zu machen, ohne allzu sehr ins Detail zu gehen. Die Stimmung passt zu jener Zeit: Düster und hoffnungslos, aber dennoch geprägt von der Stärke der Menschen, die trotz allem nicht aufgeben können und wollen. So ergeht es auch den Protagonisten und nicht alle Gefühle, die sie durchleiden müssen, sind negativ.

Eine kleine Schwäche zu Beginn des Buches sehe ich in der Tiefe der Emotionsbeschreibungen, manches ging mir einfach zu schnell, so dass ich nicht immer mitfühlen konnte. Zum Ende hin steigert sich dies deutlich, hier hat der Autor mich schließlich zu Tränen rühren können.

 

Der Schreibstil insgesamt gefiel mir, hätte an einigen wenigen Stellen jedoch noch ein bisschen aufpoliert werden können, manchmal wirkte es etwas unrythmisch. Ebenso verhält es sich mit Schreibfehlern: Es sind nicht wirklich viele zu finden, aber einige sind mir doch aufgefallen.

Inhaltlich konnte es mich dennoch fesseln, ich habe keine Ungereimtheiten im Plot entdeckt und alles baut passend aufeinander auf. Das Ende ist definitiv gut gewählt und für mich das Beste am ganzen Buch.

Die Protagonisten wirken nach kurzer Einlesezeit authentisch und ihre Handlungen nachvollziehbar, und auch die Nebenfiguren haben ganz eigene Charaktere und Eigenarten. Sie sind gut auseinanderzuhalten, es ist klar erkennbar, wer wann spricht.

Als sehr positiv empfinde ich die Recherchearbeit und das Wissen des Autors. Soweit ich es beurteilen kann, hat er sichere Kenntnisse über den Nationalsozialismus und den zweiten Weltkrieg. Ich bekam als Leserin die nötigen Inforationen, die ich zum Verständnis brauchte, wurde aber keinesfalls mit unnötigem Fachwissen erschlagen.

Insgesamt hinterlässt dieses Buch seine LeserInnen nachdenklich und emotional berührt und das ist gut so. Ich empfehle dieses Werk gerne weiter.

 

Taschenbuch, 2017, 216 Seiten, Autorenseite

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