Erschreckend gut recherchiert und realitätsnah
Thomas Eidmann ist akademisch gebildet, hat einen guten Job, eine feste Freundin und führt ein relativ ruhiges Leben. Politik interessiert ihn nicht wirklich, er ist ein bisschen genervt von dem linken Gebaren seines Fast-Schwagers, er hört sich rechte Stammtischparolen seiner Kollegen an, aber selbst positioniert er sich nicht. Als er allerdings von ein paar Asylbewerbern überfallen wird, kommt er doch ins Grübeln und wird empfänglicher für die scheinbaren Hilfs- und Verbesserungsangebote der neuen Partei, die derzeit in aller Munde ist: DbD, Die besseren Deutschen. Diese sehen sich als Alternative, sie wollen das Land verbessern und bedienen sich dabei der gleichen Parolen, die schon vor 80 Jahren nichts Gutes brachten. Thomas lässt sich umgarnen, fühlt sich aufgenommen und glaubt anfangs tatsächlich, mit Hilfe der DbD etwas Sinnvolles für sein Land tun zu können.
Doch dann bekommt er Einblick hinter die Kulissen, und dieser lässt ihn schnell zweifeln.
Ein Attentat auf den Frankfurter Bahnhof ändert schließlich alles und bringt damit nicht nur sein Weltbild ins wanken.
Soviel zum Inhalt, und hier schon fällt es mir schwer, die richtigen Worte zu wählen. Ich will unbedingt, dass dieses Buch von möglichst vielen Menschen gelesen wird. Also muss ich mit dieser Rezension, mit meinen Worten, überzeugen können und meine Gefühle zu diesem Buch in Worte fassen, obwohl das, was der Autor dort beschreibt, schlichtweg unglaublich und erschreckend ist. Eine Aussage ist ganz klar und die möchte ich auch ganz deutlich hervor heben:
Die Alternative ist keine Alternative!
Auf welche reale Partei sich diese Aussage bezieht, dürfte klar sein, insbesondere, wenn man weiß, dass der Autor sich selbst zu Recherchezwecken in die AfD eingeschleust hat. Seine fiktive Partei, die DbD, ist natürlich nicht real, aber ich nehme an, dass sich dort viele Elemente wiederfinden, die Tewes so oder ähnlich tatsächlich erlebt hat. Auch die Arbeit der Polizei hat er sehr detailreich beschrieben, allein die Recherche zu diesem Buch ist also schon mal ein sehr großer Pluspunkt.
Die Befürchtung, dass die fiktiven Elemente der Geschichte auf realen Begebenheiten beruhen, machen das Ganze noch ein großes Stück eindrücklicher und sind ein Grund, warum ich dieses Werk unbedingt jedem ans Herz legen möchte.
In anderen Rezensionen würde ich jetzt auf den Schreibstil, den Plot, den Spannungsaufbau eingehen. In all diesen Punkten gibt es nichts zu meckern, all das hat der Autor gut gelöst und das allein sorgt dafür, dass ich „Alternativen“ weiterempfehlen würde.
Das wichtigste aber ist, dass er die Schwachstellen der Rechten aufdeckt, Stammtischparolen entlarvt, aufzeigt, was die wahren Beweggründe sind, allen voran die Gier nach Macht. Dies beschreibt er so geschickt, dass die Handlungen der Protagonisten absolut nachvollziehbar sind.
Man versteht, warum Thomas zu der Parteiversammlung geht, man kann seine persönliche Entwicklung sehen und mitfühlen. Und selbst in das Innenleben der Drahtzieher des Attentats bekommt der Leser einen Einblick.
All das geschieht ohne Wertung seitens des Autors. Er schreibt nicht: „Die Rechten sind doof“ und bringt sie damit in eine Märtyrerposition. Er zeigt einfach, was sie tun.
Wer das Buch allerdings bis zum Ende liest, kann nur begreifen, dass der Weg der sogenannten „Alternative“ nicht der richtige sein kann. Hoffe ich jedenfalls inständig.
Womit wir jetzt bei dem Ende des Buches wären, und dieses verdient eigentlich besondere Aufmerksamkeit. Weil es schrecklich passend und rund ist. Gerne würde ich mehr dazu schreiben, kann dies aber nicht, ohne zuviel zu verraten. Also bleibt mir nur noch, eine Leseempfehlung auszusprechen: Krimifans werden dieses Buch mögen, einfach, weil es ein guter Krimi ist. Oder auch, wie der Untertitel verspricht, ein „Roman noir“. Politisch Interessierten wird das Buch auch gefallen, weil die Politik eben eine große Rolle spielt. Wer aber unbedingt dieses Buch lesen sollte sind jene, die bezüglich der Wahlen noch unentschlossen sind. Dieses Buch wird Augen öffnen, wenn nicht, ist Hopfen und Malz verloren. Wir haben die Verantwortung für dieses Land und unsere Zukunft, und jeder von uns hat die Pflicht, sich genau zu überlegen, welche Alternativen er oder sie wählt. Und vor allem: Welche nicht!
Grössenwahn Verlag, Taschenbuch, 303 Seiten, 2017, Autorenhomepage
Ein spannendes, sehr gut recherchiertes Thrillerdebüt
Auftragskiller Tom an einem ganz normalen Arbeitstag: Zielperson aufsuchen, eliminieren, Feierabend. Doch dieses Mal ist es anders, der Schuss geht daneben, ein unverzeihlicher Fehler. Tom selbst ist irritiert, kennt er doch sonst auch kein Mitleid mit seinen Opfern. Irgendetwas muss ihn mit der Zielperson verbinden. Er will mehr über sie herausfinden, stellt seinem Auftraggeber Fragen und letzten Endes sich selbst damit auf die Abschussliste. Was er herausfindet, sind Hinweise auf Korruption und Geldgier, selbst Machthaber in hohen Politikerkreisen und bei der Polizei scheinen involviert zu sein. Die Ermittler Berg und Landers sind währenddessen damit beschäftigt, die vorherigen Morde Toms zu untersuchen. Beide Handlungsstränge führen letztlich zur Balkan-Mafia, die in Frankfurt sehr mächtig zu sein scheint.
Nebenbei erfährt der Leser noch manches wissenswertes über die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, die Recherchearbeit des Autors hat mich hier sehr beeindruckt. Für mich ist dies ganz sicher nicht mein Spezialgebiet, aber soweit ich es beurteilen kann hat Herr Tewes sich hier nicht auf seine Phantasie berufen, sondern präsentiert neben der fiktiven Geschichte auch harte Fakten.
Tom als kalter, gefühlsarmer Killer, der nach und nach doch so etwas wie Emotionen entwickelt und seinen Beruf in Frage stellt, ist mir von Beginn an sympathisch gewesen, trotz seiner Tätigkeit. Dies ist ein Thema in Thrillern, welches mir generell sehr gut gefällt: wenn ein Autor es schafft, den Bösewicht zum Guten zu machen und man beim Lesen immer ein bisschen zwiespältig bleibt. Dies ist hier sehr gut gelungen.
Die anderen handelnden Figuren sind dabei etwas blasser geblieben, von Kommissarin Landers vielleicht noch abgesehen. Ich hatte manches Mal das Gefühl, sie nicht wirklich kennenlernen zu können. Der Grund dafür liegt meiner Meinung nach in der sehr häufig verwendeten indirekten Rede, Gespräche zogen so leicht an mir vorbei, als dass ich mittendrin gewesen wäre. Andererseits gibt dies dem Ganzen eine gewisse Sachlichkeit, einen Abstand vom Buch, und Gefühlsduseleien finden keinen großartigen Platz. Mag sein, dass dies vom Autor durchaus beabsichtigt war.
Das Ende der Geschichte gefällt mir gut, lose Handlungsstränge fügen sich schön zusammen, es wird noch einmal richtig spannend und das Finale ist passend, wenn auch nicht allzu überraschend.
Der Schreibstil ist flüssig, wortgewandt und gut zu lesen, von der erwähnten, mir zu häufigen indirekte Rede mal abgesehen.
Irgendjemand sagte mal zu mir, das zweite Buch eines Autors sei häufig das Beste, das Erste immer noch ein bisschen Übungsobjekt, die dritten und weiteren oft schon etwas übersättigt.
Leif Tewes hat zwar schon Fachbücher veröffentlicht, im Bereich der Kriminalliteratur ist dieses jedoch sein erstes Werk. Da es mir schon jetzt ziemlich gut gefallen hat, bin ich gespannt auf Nummer zwei.
Auf jeden Fall sollte man den Autor im Auge behalten, wenn man spannende Thriller mag, die auch politische und kritische Themen aufgreifen.
Wer sich bei solchen Büchern angesprochen fühlt, kann ruhigen Gewissens zugreifen, klare Kaufempfehlung von mir.
Paperback, 232 Seiten, 2015
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fhl Verlag Leipzig